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Sinnfrage: 2018 nur noch von A nach B?

Fahrspaß auf hohem Niveau: Der neue 600 PS starke BMW M5 kann trotz Allrad auch mit 100 Prozent Hinterradantrieb angasen – gut für die Rennstrecke, weniger etwas für öffentliche Straßen. (Werksfoto)

Da wünscht die Chefredakteurin von Deutschlands renommiertester Automobil-Fachzeitschrift ihren Lesern im Editorial „ein frohes, neues Jahr!“ und erklärt, dass sie sich 2018 auf ein Autojahr mit vielen Überraschungen freut: Auf „Modelle wie den Jaguar I-Pace, den Porsche 911 Carrera und den Audi e-tron. Aber auch neue Kooperationen und Vernetzungen. Einfach auf alles, was hilft, problemlos und komfortabel von A nach B zu kommen.“

Aha, denkt sich der wohlgestimmte Leser, als neue Autos werden exemplarisch zwei E-Modelle und ein 911er mit Downsizing-Turbo aufgezählt. Und noch ein Aha, es soll möglichst problemlos und komfortabel von A nach B gehen. Angesichts dieser Zukunft kann man in den ersten Tagen des Jahres schon mal ins Grübeln kommen. Und es tauchen zwangsläufig Fragen auf: Welchen Weg schlägt die Autoindustrie ein und ist es der Weg, den sich auch die Kunden wünschen? Wo stehen die Medien? Bleiben sie angesichts von Digitalisierung, Konnektivität und Elektrifizierung wachsam, klug und Anwälte der Verbraucher? Werden auch vordergründig logische Entwicklungen in Frage gestellt?

Die Antworten mag jeder selbst suchen. In dem Begriff Erfahrung steckt schließlich das Wort Fahren drin, und darum geht´s doch.

  • Für viele waren die unvergesslichsten Autofahrer-Momente nicht unbedingt „problemlos und komfortabel“. Ein Alpenpass bei einsetzendem Schneefall, mit dem Motorrad über die Route Napoleon bei strömendem Regen oder als Student mit einem VW Käfer in Paris durch den hektischen Berufsverkehr einschließlich ein paar Runden um den Arc de Triomphe, nur so zum Spaß.
  • Je sicherer und reglementierter eine Welt wird, umso mehr Menschen suchen kleine Fluchten und Abenteuer – ein Computerspiel reicht manchen dafür nicht. Mal eben voll beschleunigen, um die Kraft des Motors zu spüren, oder ein kleiner Heckschlenzer, wenn man einen 2ter-Gang-Verteilerkreis mal ganz für sich hat. Bei sowas huscht vielen Autofreunden ein Lächeln übers Gesicht.
  • Ist der Weg von A nach B immer der beste Weg? Manchmal sind es ja die kleinen Umwege, die uns Neues entdecken lassen oder zumindest mal einen neuen Blickwinkel auf Vertrautes erhaschen lassen.

Bei aller Digitalisierung, Konnektivität und Elektrifizierung, ja, ja, ich weiß, Schadstoffreduzierung und CO2-Footprint. Das Zauberwort für alle Autofans (Car Guys und Petrolheads eingeschlossen) heißt Fahrspaß. Und wer nicht selbst fahren will, der kann ja den Bus oder die Bahn nehmen. Wenn Sie jedoch mitunter Fahrspaß spüren, dann sollten Sie ihn sich auch nehmen und genießen.

Fahrspaß pur – Niveau egal: Den Mazda MX-5 gibt es mit 131 oder 160 PS. Sein Rezept ist einfach: niedriges Gewicht, exakte Lenkung und Hinterradantrieb. (Werksfoto)

Mit dem Fahrspaß ist es ähnlich wie mit der Freiheit. Wenn man sie nicht nutzt, ist sie schnell weg. Fahren Sie doch einfach mal von A nach A. Also ohne Ziel und Zweck durch die Gegend; nur mit dem Sinn, mit geschärften Sinnen Fahrspaß zu erleben. Das ist noch nicht verboten. Die einfache Runde vom Startort über schöne, interessante Strecken zurück zum Startort kann einem Fahrer die Augen öffnen. Versuchen Sie´s.

Und wenn Ihnen Ihr Auto keinen Fahrspaß schenkt, dann verkaufen Sie es. Suchen Sie sich ein neues Modell. Es muss ja kein Hybrid- oder Elektroauto sein, es muss auch keinen Turbomotor und mehr Assistenzsysteme als Zylinder haben. Es muss ja noch nicht mal ein Neuwagen sein, vielleicht bringt Sie ein Oldie oder Youngtimer wieder zum intensiven Fahrgenuss. Erlauben Sie sich die Liebhaberei oder eine Dummheit, es kann ja auch ein Cabrio oder sogar ein Motorrad sein. In diesem Sinne: Viel Fahrspaß in 2018!

Autor: Thomas Wüsten