News Ticker

Kommentar: Das Internet tötet die Automessen

Einer der Stars auf dem virtuellen Genfer Salon: Der Audi A3 Sportback. Mehr über die weiteren Hingucker wie Porsche Turbo, Mercedes E-Klasse Facelift, ŠKODA Octavia RS iV, Cupra Formentor und BMW i4 findet man auf auto-motor-und-sport.de. (Werksfoto)

Die Absage des Genfer Automobil Salons 2020 mag aus Schweizer Sicht richtig erscheinen. Die Folgen werden uns allerdings deutlich länger beschäftigen als das Coronavirus selbst. Und wenn dann auch noch der VDA die kränkelnde IAA nach München verlegt – und sie dem Zeitgeist folgend von der größten Automesse der Welt zum Mobilitäts-Meeting samt Mitspracherecht der Autogegner macht – dann ist der Tod der großen Automobilausstellungen schnell beschlossene Sache.

Das Coronavirus hat den Genfer Automobil Salon 2020 gekillt. Das Internet tötet voraussichtlich die übrigen Automessen. Gewagte These? – mitnichten. Der abgesagte Genfer Auto Salon wird die konzerninternen Kostenkiller zu neuen PR-Sparprogrammen inspirieren. Nahezu alle Hersteller, die in Genf eine Pressekonferenz mit ihren Neuvorstellungen geplant hatten, haben die Live-Veranstaltung modifiziert und als virtuelle Präsentation via Live-Stream im Internet zeitgleich Medienvertretern, Handel und Endkunden zugänglich gemacht. Prima. Wenn jetzt die Abdrucke, Klick-Zahlen und Reichweiten stimmen, dann werden solche virtuellen Präsentationen schnell zur Regel. „Das beste Kosten-/Nutzen-Verhältnis gewinnt“, sagen die Kostenkiller.

Fühlen und Riechen – Restauranttester arbeiten nicht im Home-Office
Weitere Erlebnismomente, die eine Automesse bietet, treten möglicherweise bald in den Hintergrund. Wie sich ein Armaturenbrett anfühlt, wie ein Innenraum riecht und wie es klingt, wenn eine Autotür ins Schloss fällt, das sind Eindrücke, die eine virtuelle Präsentation nicht bieten kann. Auch das Treffen und Kennenlernen von Gleichgesinnten, das Diskutieren über Technik und Design direkt am Auto wollen real gelebt und nicht digital mehr recht als schlecht nachempfunden werden. Es gibt nun mal Dinge zwischen Himmel und Erde, die muss man selbst erlebt, empfunden und „er-fahren“ haben; erst dann ergibt sich der umfassende Eindruck. Ein Restauranttester kann auch nicht im Home-Office arbeiten.

Zuhause bleiben ist besser als Reisen – Der Zeitgeist predigt Verzicht und ein schlechtes Gewissen statt Zuversicht und Forschergeist
Also: Das Internet tötet die Automessen. Den Rest besorgt der gesellschaftliche Mainstream. Es darf ja bald in Deutschland nichts mehr stattfinden, was gegen den öffentlich-rechtlichen Weltretter-Zeitgeist läuft. Erst recht keine Ansammlung von Autos, die nur die Freude an der Mobilität zum Inhalt hat, ohne permanent die unbestritten negativen Begleiterscheinungen stärker in den Mittelpunkt zu rücken, als es diese Themen bei sachlicher Betrachtung verdienen. Die Oberlehrer lauern halt schon hinter beinah jeder Hausecke. „Achtung Feinstaub! Vorsicht bei zu viel Gummisohlen-Abrieb. Fußgänger aufgepasst.“ Die mutlosen Zauderer predigen Verzicht und wollen zu gerne neue Vorschriften, Gesetze und Kontrollen. Diejenigen mit Zuversicht, Optimismus und Visionen setzen auf Freiheit, Forschergeist und neue Technologien.

Autor: Thomas Wüsten