Neuwagen-Ausstattung – weniger Extras durch Corona?
Welche Extras wirklich wichtig sind. Und wie sich die Corona-Pandemie auf das Kaufverhalten auswirkt.
Wie ticken Autokäufer in der Zeit der Corona-Pandemie? Ganz einfach, so wie immer. Ist das wirklich wahr? Knapp zwei Drittel aller PKW-Neuzulassungen sind gewerblich, nur rund ein Drittel sind Privat-Käufe. Die Fuhrparkmanager und Leasinggesellschaften arbeiten professionell, sie konfigurieren ihre Neuwagen genauso wie sie es auch vor Corona getan haben. Sie kennen die sinnvollen Zusatzausstattungen. Sie wissen, welche Extras wichtig sind, damit sich ein Gebrauchter auch wieder gut weiter vermarkten lässt – egal ob als „junger“ Gebrauchter nach sechs bis neun Monaten oder als Leasing-Rückläufer nach rund drei Jahren.
Nur rund ein Drittel aller PKW-Käufe sind privat – die Mehrzahl der Zulassungen entfällt auf Firmen- und Dienstwagen, Leasingautos und Vorführwagen
Die Neuwagen-Zulassungen im September 2020 lagen rund acht Prozent über dem Vorjahresmonat. Betrachtet man das gesamte Jahr 2020 von Januar bis September, dann liegt das Minus gegenüber Januar bis September 2019 bei rund 25 Prozent. Vor allem viele Privatkunden reagieren auf die Corona-bedingte, unkalkulierbare Wirtschaftslage mit Kaufzurückhaltung. Das heißt, sie fahren ihren PKW einfach länger als ursprünglich geplant und verschieben die Neuanschaffung auf 2021 oder sogar 2022. Die wenigen Privatkunden, die noch in diesem Jahr kaufen, prüfen ihre Entscheidung natürlich besonders genau. Viele lassen sich durch den Umweltbonus des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (kurz BAFA) zum Kauf eines Elektroautos oder eines PHEV motivieren. Die Vorsichtigen und die Rechner minimieren mögliche Risiken durch Privat-Leasing.
Ein Mittelklasse-PKW ganz ohne Komfort-Extras wird im Alter schwer verkäuflich – je höher die Wagenklasse, umso mehr Luxus verlangen die Kunden
Doch selbst zu Corona-Zeiten sind die privat georderten Neuwagen nicht alle Sparversionen, also Modelle in Basisausstattung mit kleinen Motorisierungen und nur ganz wenigen der teuren Extras. Im Gegenteil: Neuwagen werden immer teurer.
Privatkäufer, die bei der Zusatzausstattung ein paar der teuren Extras einsparen wollen, sollten sich das jedoch genau überlegen. Schließlich tragen sie bereits mit ihrer Entscheidung für die jeweilige Antriebstechnologie (z.B. Diesel, Benziner oder PHEV) das Risiko, dass die gewählte Antriebsart in fünf oder mehr Jahren, wenn der Weiterverkauf ansteht, im Gebrauchtwagenmarkt nicht mehr gefragt ist. Die Gründe können neue gesetzliche Bestimmungen, geänderte Schadstoffgrenzwerte oder regionale Beschränkungen sein. Wenn dann beispielsweise der betreffende Mittelklassewagen ohne Tempomat, ohne Sitzheizung und ohne Einparkhilfe vergleichsweise mager ausgestattet ist, dann kann der Verkauf zur Geduldsprobe werden und nur zu einem unterdurchschnittlichen Preis gelingen.
Umgekehrt verhält es sich bei einem Klein- oder Kleinstwagen, der mit Automatikgetriebe, Klimaautomatik, Tempomat und großem Navigationssystem überdurchschnittlich ausgestattet ist. So angenehm die Komfort- und Sicherheits-Ausstattung die ersten Jahre für den Neuwagenkäufer auch macht. Beim Wiederverkauf wird er die teuren Extras auf dem Gebrauchtwagenmarkt kaum honoriert bekommen. Und ist der technisch hochwertig ausgestattete Wagen erstmal zehn Jahre und älter, wird er von manchen Gebrauchtkäufern sogar gemieden. Viele suchen dann im Kleinst- bis Kompaktwagen-Bereich ein technisch einfaches Modell, „bei dem nicht so viel kaputt gehen kann“.
Der Mittelweg ist oft der beste Kompromiss – mittleres Ausstattungsniveau kombiniert mit einigen sinnvollen Extras
Die „goldene Mitte“ ist wie so oft der beste Weg, um Probleme und Überraschungen beim Gebrauchtwagenverkauf zu vermeiden. Ein mittleres Ausstattungsniveau ist oft die richtige Empfehlung. Und dann je nach Fahrzeugklasse noch die Extras, die sinnvoll erscheinen und die man sich auch selbst wünscht. Eine Zentralverriegelung und elektrische Fensterheber sind heute in jeder Fahrzeugklasse selbstverständlich. Ebenso eine Klimaanlage und ein Radio. Tempomat, Head-Up-Display und Kurvenlicht sind dagegen in Kleinst- und Kleinwagen durchaus verzichtbar, wenn nicht sogar unnötig. Ab der Mittelkasse, also ab VW Passat oder BMW 3er, sollte zumindest der Tempomat immer an Bord sein. Das gilt auch für Klimaautomatik, Sitzheizung und ein großes Navigationssystem. Letzteres kann in Kleinwagen dagegen sogar eine Fehlinvestition sein. In der Fiat-500- oder Polo-Klasse reicht ein Bordcomputer-Bildschirm und die Konnektivität zum Smartphone. Denn die Fahrer nutzen hier meist ihr Handy samt Google-Maps als aktuelles Navi. Und das schlägt, wie Tests bewiesen haben, in vielen Fällen sogar die großen, fest verbauten Navigationshilfen der Oberklasse.
Manche PKW-Käufer halten Dinge wie Spurhalteassistent und Parklenk-Assistent für überflüssige Technik-Gimmicks; das ist eine Frage des Standpunkts. Echte Sicherheits-Features wie Notbremsfunktion, Totwinkel-Assistent, Parkpiepser und Müdigkeitserkennung sind jedoch alles andere als überflüssig. Das gilt nicht nur für den Wiederverkauf, denn Sicherheitstechnik dieser Art kann schon auf den ersten Kilometern Schäden oder Unfälle und menschliches Unheil vermeiden helfen.
Autor: Thomas Wüsten / AutoAmbition