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Peking Auto Show 2018: Neues Trendsegment Elektro-SUV

Daimler präsentiert in Peking die Vision Mercedes-Maybach Ultimate Luxury: Großer Medien-Rummel für eine „Elektro-SUV-Limousine“ die so nie kommen wird. (Werksfoto)

China ist zur Zeit der größte Automobilmarkt der Welt, gefolgt von den USA und Westeuropa. Aus diesem Grund engagieren sich die großen deutschen Autohersteller im Reich der Mitte weitaus stärker als es den Kunden in den übrigen Märkten recht sein kann (Marktanteil aller deutschen Hersteller zusammen in China rund 21 Prozent).

Wie AMG soll auch Maybach eine tragende Säule von Mercedes werden: Nach dem erfolgsarmen Versuch mit verlängerten S-Klasse-Modellen ab 2002 droht uns jetzt ein Über-SUV. Ultimativ sind die Abmessungen: 5,26 m lang, 2,11 m breit und 1,76 m hoch. (Werksfoto)

Mehr noch, sie tanzen scheinbar unbekümmert auf einem Kongress, dem bald ein Wirtschaftskrieg folgen kann, für den sich China sehr gut vorbereitet hat. Mit dem Zugang zu relevanten Rohstoffen für die Batterie-Herstellung und der Förderung der Elektromobilität per staatlichem Zwang leitet China einen der weltgrößten Industriezweige in die Irre und womöglich in den Bankrott. Branchen-Insider und Auguren warnen bereits deutlich vernehmbar, wer jetzt ausschließlich voll auf die E-Entwicklung setze, der schwäche seine tatsächliche Zukunfts-Kompetenz, nämlich die Weiterentwicklung umweltfreundlicher Verbrennungsmotoren, nachhaltig. Die vergleichsweise simple Elektroauto-Entwicklung beherrschen chinesische Hersteller heute schon. Und wenn der sich jetzt scheinbar öffnende Markt China dann PKW-Einfuhren oder europäisch-chinesische Joint-Ventures wieder erschwert, dann, ja dann …

  • Volkswagen präsentiert in Peking den neuen Lavida, eine kompakte Limousine, den VW CC, eine Arteon-Variante „Made in China“ sowie den neuen Touareg und den T-Roc. Volkswagen war 2017 mit knapp 3,2 Millionen verkauften Fahrzeugen die erfolgreichste Marke in China (ein Teil der Autos wird importiert, ein Großteil jedoch in China gefertigt).
  • Mercedes zeigt in Peking die Vision Mercedes-Maybach Ultimate Luxury, eine Art Über-SUV im Limousinen-Design, natürlich mit Elektroantrieb. Außerdem: Die A-Klasse L, eine viertürige Limousine mit eigens für China verlängertem Radstand, und die C-Klasse L, ebenfalls eine verlängerte Version.
  • BMW enthüllt in Peking das BMW Concept iX3, eine Elektro-Studie des erfolgreichen X3, die 2020 Realität werden könnte, und den 410 PS starken M2 Competition. Außerdem: Den X3 „Made in China“ (aus dem Joint Venture BMW Brilliance), weitere X-Modelle und eine Studie des künftigen 8er Coupés.
  • Audi präsentiert in Peking den Q5L, eine um neun Zentimeter verlängerte Version des Standard-Q5, eigens für den chinesischen SUV-Markt. Das SUV-Segment hat in China einen Anteil von 44 Prozent am Gesamtmarkt und wächst weiter. Gebaut wird der Q5L im Joint-Venture mit FAW-VW in Changchun.

O-Ton Volkswagen Presseinformation vom 24. April 2018: „Insgesamt plant Volkswagen in China für das Jahr 2025 Produktion und Verkauf von rund 650.000 voll-elektrischen Autos.“

Anders sein als Erfolgsrezept – reicht das? Geteilte Heckscheibe und ein Limousinen-Stummelheck fast so groß wie ein Smart. Die Studie steht auf 24-Zoll-Rädern und verfügt laut Mercedes über vier E-Motoren mit insgesamt 750 PS, Reichweite 500 km. (Werksfoto)

Doch Vorsicht, an anderer Stelle im Text ist von „650.000 New Energy Vehicles in 2025“ die Rede. Und New Energy Vehicles (NEV) schließen PHEVs (Plug-in-Hybrid-Vehicles) mit ein. So meint der Terminus NEV international und in China dasselbe wie die deutsche Formulierung ‚elektrifizierte Fahrzeuge‘. So will beispielsweise BMW bereits 2018 rund 140.000 elektrifizierte Autos absetzen – gemeint sind mit dem Begriff ‚elektrifiziert‘ eindeutig sowohl vollelektrische Autos als auch PHEVs.

China zwingt der automobilen Welt den Elektroantrieb auf
Der Markt-Trend, der in China so stark nach Elektrofahrzeugen verlangt, liegt nicht an den elektrofreundlichen Chinesen, sondern an den harten gesetzlichen Vorgaben. In großen Städten werden Zulassungen für Benziner nur noch verlost, und es geht noch weiter.

Premiere in Peking – Der neue VW Lavida: Der Vorgänger war die meistverkaufte Limousine in China. Allein 2017 kauften 450.000 Chinesen einen Lavida. Das neue Modell basiert auf dem modularen Querbaukasten. (Werksfoto)

So müssen Autohersteller, die jährlich über 30.000 konventionelle Fahrzeuge in China produzieren, ab 2019 eine NEV-Quote (New Energy Vehicles) erfüllen. Das Programm startet mit zehn Prozent, 2020 müssen es bereits zwölf Prozent sein. Schon 2017 wurden in China knapp 800.000 NEVs abgesetzt, das entspricht zwar nur 2,9 Prozent des Gesamtmarktes, aber in welche Richtung der staatlich gesteuerte Trend geht, ist unübersehbar. Mit der nun geplanten Senkung von Einfuhrzöllen und Investitionsbeteiligungsgrenzen locken die staatlichen Wirtschaftslenker westliche Hersteller nur noch stärker in die Elektro-Falle. Bis die zuschnappt, wird es noch Jahrzehnte dauern und Entscheider, die im Elektro-Glauben das Ende der immer saubereren Verbrenner herbeigeführt haben, genießen dann längst ihren Ruhestand samt Vorstandsfahrer und Stock-Aktien.

Viele Peking-Neuheiten haben für Europa keine Bedeutung
Tatsächlich relevant auch für Europa und USA ist die BMW Studie iX3 Concept. Der große Bruder des BMW i3 folgt dem Megatrend zum Elektro-SUV. Im Gegensatz zum Purpose-built i3, also einem Auto neu und eigens als E-Auto entwickelt, ist der iX3 ein Conversion-Modell, ein E-Auto nachträglich in die Karosserie eines herkömmlichen PKW hineinkonstruiert. Schluss mit der teuren Carbon-Struktur und dem unpraktischen Türkonzept.

Die Studie BMW iX3 – ein rein elektrischer X3, dessen Realisierung beschlossen ist: Damit kehrt BMW der E-Strategie, Elektroautos ausschließlich als solche zu entwickeln und zu fertigen, den Rücken. Interessant: das neue Front-Design mit in der Mitte verbundenen BMW-Nieren. (Werksfoto)

Der E-X3 ist immer noch ein X3. Sein E-Motor leistet 270 PS, die Batterie fasst 70 kWh Energie und damit sollen nach dem WLTP-Zyklus bis zu 400 Kilometer möglich sein. BMW verkündet zudem, dass neben dem reinen X3 BEV auch PHEV- und Hybrid-Varianten möglich sein werden. Wann der rein elektrische iX3 in Serie geht, kommuniziert BMW noch nicht. Fachmedien spekulieren, dass das bereits im nächsten Jahr der Fall sein könnte. Schließlich habe BMW ja dank i3 und i8 – im Vergleich zu Audi (dem Ankündigungs-Weltmeister in Sachen e-tron) und Mercedes – bereits langjährige Markt-Erfahrung bei der Entwicklung und Einführung solcher Konzepte. Andere Stimmen stempeln den iX3 bereits als elektrische Notlösung ab, weil man in München nach dem mutigen Beginn mit dem innovativen i3 zu lange mit weiteren i-Entwicklungen gewartet habe.Sei´s drum, Jaguar mit dem BEV I-Pace, Audi mit dem e-tron und Mercedes mit seinem EQ C müssen alle erst noch beweisen, was BMW mit dem i3 als serienmäßigem Elektroauto schon seit Ende 2013 gelungen ist. Übrigens: Der iX3 zeigt ein neues Frontdesign mit in der Mitte verbundenen Nieren, beim E-Auto natürlich geschlossen. Der BMW M2 Competition zeigt einen ähnlichen Nieren-Look – das wird wohl die neue BMW Nase für künftige Modelle.

Weitere Neuheiten: SUVs für China und Limousinen für Europa?
Auch Skoda stellt sich in China zunehmend breiter auf. Das belegt das neu prästierte Kompakt-SUV Kamiq, in der Größe knapp unter dem Karoq, aber voraussichtlich wesentlich preisgünstiger. Ja, auch in China gibt es nicht nur Millionäre, sondern viele kleine aufstrebende Familien mit SUV-Hunger. Schade nur, dass der Kamiq auf einer ziemlich betagten Konzern-Plattform aufbaut.

Peking-Premiere: Das Serienmodell BMW M2 Competition. Der 410 PS starke 3.0-Liter-TwinTurbo stammt ebenso aus dem M3/M4 wie die meisten Fahrwerks-Komponenten. In Hellgrau wirkt das Power-Coupé beinah dezent. Auffällig: Die Nieren ähneln ein wenig dem Look der iX3 Studie. (Werksfoto)

Ebenfalls schade, dass Toyota in Peking einen neuen Lexus ES (bislang nur in USA und Asien im Verkauf) zeigt, der mit einer Länge von knapp fünf Metern den GS ablösen soll, ab Anfang 2019 auch in Europa. Und besonders schade, dass die Japaner – obwohl sie es besser wissen müssten – ein technisches Package gewählt haben, dass dem Erfolg dieses Modells im Wege stehen wird. Der ES kommt ausschließlich als Hybrid mit Frontantrieb. Sein 2,5-Liter-Saugbenziner hat nur vier Zylinder und die Systemleistung beträgt 218 PS. Mercedes und BMW bieten da mehr Vielfalt, teilweise auch mehr Zylinder, grundsätzlich Hinterradantrieb und optional sogar Allrad.

Peking-Fazit: Die Chinesen holen in Riesenschritten auf – Achtung!
Die chinesischen Hersteller selbst – also jene, die kein Joint Venture mit einem europäischen Hersteller haben – holen mächtig auf. Sie lernen schnell und entwickeln sich rasant. Die Zeiten, als auf der Messe an jeder Ecke lachhafte Design-Plagiate standen, sind vorbei. Okay, es gibt noch Entgleisungen, aber in den meisten Fällen parken sehr ordentliche Autos auf den Ständen. Und das gilt nicht nur für die in Deutschland bekannten Marken wie Byton, Lynk &Co. und NIO. Die haben ohnehin gute Zukunftschancen, auch in Europa. Schließlich nutzen sie europäisches Know-how, indem sie Schlüsselpositionen mit namhaften europäischen oder gar deutschen Automanagern besetzt haben. Doch auch Marken wie Wey, Haval, Dongfeng, Lifan, Roewe und Singulato zeigen, dass sie Autos bauen können. In der Mehrzahl handelt es sich bei ihren Ausstellungsstücken um SUV im Kompakt- oder Fullsize-Format. Als Antriebe kommen in den meisten Modellen Vierzylinder-Turbobenziner zum Einsatz. Ein Gefühl bleibt hängen nach vielen Analysen der Peking Auto Show 2018: Der chinesische Markt wächst, verändert sich schnell und er ist staatlich reguliert. Wir werden ihn vielleicht nie komplett kennen und womöglich nie ganz verstehen.

Autor: Thomas Wüsten

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