E-SUVs mit Übergewicht: Irrweg oder Tesla-Fighter mit Bestseller-Garantie?
Wenn das Tesla-Konzept bei Model S und Model X mit einem Gesamtgewicht von rund 2,5 Tonnen technisch Unsinn ist, dann ist es auch Unsinn, nach dem gleichen Konzept Tesla-Kopien zu bauen.
Die neu vorgestellten Elektroautos von Jaguar, Mercedes und Audi gehören alle drei zur Klasse der großen SUV oder Crossover. Mit der Markteinführung des vollelektrischen I-Pace hat Jaguar bereits im Sommer den Anfang gemacht. Im September folgten Mercedes mit dem EQC und Audi mit dem e-tron quattro. Der EQC soll ab Frühjahr 2019 in den Verkauf gehen, und Audi stellt die Markteinführung des e-tron noch für Ende 2018 in Aussicht.
Kein Zweifel, alle drei Elektro-SUVs sind bestimmt beeindruckende und technisch faszinierende Autos. Doch Kritiker fragen: „Ist es sinnvoll, Elektroautos für Reichweiten von 500 Kilometer und mehr zu entwickeln, wenn Sie dann rund 2,5 Tonnen wiegen und 600 bis 700 Kilo schwere Batterien gegen die weit verbreitete Reichweiten-Angst mit sich rumschleppen müssen?“
- Die drei neuen Elektro-SUV von Jaguar, Mercedes und Audi perfektionieren das Tesla-Konzept: Überschwer (bis zu 2,5 Tonnen), aber dafür mit praxistauglicher Reichweite.
- Das Konzept der Elektro-Saurier – fette Monster-SUVs kurz vorm Aussterben – wird in Europa kaum erfolgreich sein. Hier heißen die E-Auto-Bestseller Renault ZOE, Nissan Leaf und BMW i3 – alle kurz, kompakt und City-tauglich.
- Neue kompakte E-Auto-Bestseller vergrößern das Angebot: Hyundai mit Ioniq und Kona Elektro, Kia mit Soul EV sowie Niro. Und schließlich darf man den pfiffigen e.GO Life als Citymobil nicht vergessen (Preis: unter 20.000 Euro, ca. 150 km Reichweite, Leergewicht rund 950 kg).
- Echte Marktchancen werden die großen Elektro-SUVs in Kalifornien und natürlich in China haben – zumindest so lange, bis kleine autonome Robocars die Märkte umkrempeln.
Vermutlich werden die großen E-SUVs auch 2019 und 2020 im deutschen Straßenbild einen Exoten-Status haben. Der Markt ist ein gnadenloser Regulator, und die Kunden werden über den Erfolg solcher Modelle abstimmen, einzig mit der Unterschrift unter einen Kaufvertrag. Die drei Premium SUVs kosten zwischen rund 70.000 und 100.000 Euro. Viele der Kurzzulassungen und Vorführwagen des Jaguar I-Pace überspringen sogar die 100.000-Euro-Grenze (ebenso wie viele gebrauchte Tesla Modelle vom Typ S und X mit der größten Batterie).
Große SUV mit Turbodiesel-Motoren – ein Auslaufmodell?
Gerade zu Zeiten der Hardware-Nachrüstung für Euro-5-Diesel und der „großzügigen“ Umtauschprämien der Automobilindustrie hat der Dieselmotor – mit dem große SUV üblicherweise gut und sparsam motorisiert sind – eine riesige Image-Hypothek zu tragen. Jetzt, wo mit modernen, nach Euro 6-d-TEMP zugelassenen Modellen die saubersten Diesel aller Zeiten verfügbar sind, schadet das industrie-politische Geschacher um Diesel-Schadstoff-Betrug und drohende City-Fahrverbote dem hocheffizienten Selbstzünder weit mehr als es bereits der VW-Dieselgate-Skandal getan hat.
Kein Hersteller will auf mögliche Rendite verzichten und großzügig in Kundenvertrauen investieren. Stattdessen macht die kurzsichtig agierende Industrie immensen Druck auf die ohnehin schon schwache und angezählte Koalition und erzwingt eine Umtauschprämien-Aktion. Die soll dann sogar neben Neuwagenkäufen auch den Gebrauchtwagenkauf mit fünfstelligen Summen fördern. Warum eigentlich Gebrauchte? Ganz einfach, damit die zu hunderttausenden geparkten Kurzzeitzulassungen, die in den letzten Wochen noch ohne WLTP-Verbrauchsnorm von den Bändern liefen, auf diesem Wege schnell vermarktet werden können. Damit sind die Umtauschprämien nichts anderes als Verkaufshilfen, aber gegenüber der Politik geschickt als Wiedergutmachung verkauft.
Generelle Zweifel am Nutzen von Elektroautos
Große Zweifel am Erfolg der Elektromobilität äußert Prof. Fritz Indra im Interview mit GTspirit.com. Der ausgewiesene Fachmann, oft auch als „Motoren-Papst“ bezeichnet, hat im Laufe seiner langen Entwickler-Karriere in leitender Position bei Alpina, Audi und schließlich General Motors gearbeitet. Zum Schwenk von Porsche „weg vom Diesel und hin zu PHEVs und Elektroautos“ sagt Indra: „Ich halte das für eine krasse Fehlentscheidung“. Speziell zum PHEV erklärt er: „Die 48-Volt-Hybridisierung ist sinnvoll, aber schon Vollhybride sind nicht notwendig und der Plug-In-Hybrid ist die zweitgrößte grüne Lüge nach dem Elektroauto, weil der Strom bei der Bewertung von Verbrauch und Emissionen nicht mitgerechnet wird. Die Normverbräuche sind absoluter Schwindel. Die schweren und teuren Batterien sind überflüssig“.
Zur Leistung des ersten Porsche E-Sportwagens, des Taycan, der 2019 erscheinen soll, meint Indra: „… das lässt befürchten, dass ein kommender Elektro-Sportwagen nicht einmal annähernd eine Runde auf dem Nürburgring schaffen wird, bevor er ins Notprogramm umschaltet. Denn wenn Elektroautos überhitzen, wird es gefährlich. Deshalb brennen sie ja auch immer wieder ab, teils auch beim Schnelladen“. Auf mögliche Absatzprobleme bei E-Autos angesprochen, zieht Indra sein Fazit: „Dieser Karren wird an die Wand fahren und dann wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass die E-Mobilität kein einziges Problem löst. Bis dahin ist es beschämend, dass unsere Top-Manager wider besseres Wissen nachbeten, was Politiker und Medien an fadenscheinigen Behauptungen aufstellen.“
BMW E-Autos – zu früh oder zu spät?
Beginnend mit dem i3 zum Jahresende 2013 und kurz darauf mit dem PHEV-Sportler i8 war BMW ohne Zweifel der Elektro-Vorreiter unter den Premiumherstellern. Das aufwändige und teure Konzept mit der Carbon-Fahrgastzelle ist mittlerweile wieder verworfen.
Künftige E-Autos wie der MINI Electric und der iX3 erhalten eine herkömmliche Stahlblech-Karosserie. Kritiker meinen, dass BMW mit dem i3 zu früh in den Markt ging und die Kunden noch nicht bereit waren. Die schwachen Verkaufszahlen konnten den BMW Managern nicht gefallen, und so zögerten sie bei der weiteren Planung von E-Autos. Deshalb kommt der nächste große Schritt aus München erst 2021 auf die Straßen. Die Rede ist vom iNext. Als Serienmodell wird er vermutlich i5 heißen und laut „auto, motor und sport“ soll die Batteriekapazität 110 kWh betragen. Eine mögliche Reichweite von 750 Kilometern steht im Raum. BMW will zwar keine 800-Kilo-Akkus, aber richtig schwer werden die Dinger auf jeden Fall. Und da der iNext vollgestopft ist mit modernster Technik und im Format eines großen Crossover/SUV kommen soll, wäre es beinah ein Wunder, wenn er weniger als zwei Tonnen wiegen wird.
Autor: H.H.