Compliance: Für VW in China unwichtig?
Seit Jahren zählt der Begriff „Compliance“ zum Kernvokabular aller Konzerne. Auch der Automobilhersteller. Compliant zu handeln, bedeutet nicht nur sich entsprechend der Gesetze zu verhalten, sondern auch keine Geschäfte mit Gesetzesbrechern zu machen. Das gilt im Inland wie im Ausland.
- VW arbeitet in China eng mit dem unter Korruptionsverdacht stehenden Konzern FAW zusammen.
- Im Herbst 2014 verlängerten die Wolfsburger den Vertrag mit FAW um weitere 25 Jahre.
- Dass FAW ein Staatskonzern ist scheint Volkswagen schwerer zu wiegen als der dessen zweifelhafter Ruf.
Vor diesem Hintergrund bekommt die Meldung, VW habe grünes Licht erhalten, seine Beteiligung an dem Joint Venture mit dem chinesischen FAW Konzern zu erhöhen, eine äußerst pikante Note. Denn die staatliche FAW-Gruppe steht bereits seit geraumer Zeit unter dem dringendem Korruptionsverdacht seine Interessen mittels Bestechung durchzusetzen. Nachweisen konnte man dem Unternehmen die entsprechenden Vorwürfe bislang jedoch nicht. Allerdings war vor einiger Zeit ein ehemaliger FAW-Vertriebsmanager schuldig gesprochen worden, Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben. Sollte ein Schuldspruch eines Tages auch bei FAW gelingen, müsste Volkswagen jegliche Zusammenarbeit mit FAW umgehend beenden, um nicht seinerseits wegen eines Verstoßes gegen die Regeln der Compliance angezählt zu werden. Die Auswirkungen wären ernst, besonders auf dem immer noch immens wichtigen US-Markt. Da aber VW seine Interessen auf dem chinesischen Markt über ein zweites Joint Venture mit dem FAW-Konkurrenten SAIC gut abgesichert hat, wäre die Beendigung der Zusammenarbeit mit FAW keine Katastrophe.
Ganz offensichtlich macht man sich in der Wolfsburger Chefetage dies bezüglich ebenso wenig akute Sorgen, wie man die Korruptionsvorwürfe gegen den Partner für beunruhigend hält. Bereits im vergangenen Jahr verlängerten die VW-Granden den Kooperationsvertrag mit der FAW-Gruppe um weitere 25 Jahre. Und nun, nach Monaten der Vorarbeit, erhöht man also den Anteil am Joint Venture mit der FAW und stärkt damit die wirtschaftliche Verquickung. Grund zur Sorge gibt es für Volkswagen kaum. Schließlich steht nicht zu befürchten, dass die Machthaber in Peking es zulassen werden, wenn ein staatseigenes Unternehmen durch staatliche Stellen an den Pranger gezerrt wird und so sein Gesicht verliert. Im Gegenteil: Die Bonzen innerhalb der chinesischen KP sind für ihre eigene Korruptheit verschrien. Es wäre sehr wunderlich, wenn nicht zumindest einige Partei-Kader auch bei der FAW ihre Finger im Spiel hätten und an ihr verdienten. Hinzu kommt, dass eine ganze Reihe von Geschäftspraktiken, die im Westen in höchstem Maße incompliant wären, im chinesischen Geschäftsleben als völlig normal und legitim gelten. Ein gutes Geschäft ist im Reich der Mitte ohnehin nur eines, bei dem man den Geschäftspartner über den Tisch zieht. Erst recht, wenn man ihm dann noch die entstehende Reibungswärme als Nestwärme vermittelt.
Autor: Norbert Berg