Autos der Woche: Elektroauto-Studien – voll autonom in 4 bis 5 Jahren
Die Zukunft kommt schneller als wir denken. Und mit ihr das autonome und/oder vollelektrisch fahrende Auto. Auf der IAA erklärte BMW, dass der BMW i-NEXT bereits 2021 in Serie gehen wird – und zwar als autonom fahrendes Elektroauto in einer Größe etwa zwischen 3er und 5er BMW. Als Vorgeschmack wurde in Frankfurt der BMW i Vision-Dynamics präsentiert, mit 600 Kilometer Reichweite, über 200 km/h Spitze und einer Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 4,0 s. Medien bezeichneten das viertürige Gran Coupé bereits als Tesla-Fighter.
- Nahezu alle Studien und Concept Cars werden als Hybrid oder E-Autos angekündigt – die Autoindustrie will so Zukunftsfähigkeit und Umweltbewusstsein demonstrieren.
- PS-Monster, die vornehmlich dem Fahrspaß dienen, werden als rollende High-Tech-Labore und Technologie-Vorreiter positioniert (z.B. Mercedes AMG-Hypersportwagen „Project One“).
- Beide Audi Studien (Elaine und Aicon) mit den Buchstaben „AI“ im Namen, für „Artificial Intelligence“ – zu Deutsch „Künstliche Intelligenz.
- Studien, die nicht so recht in die Autowelt Europas passen (z.B. BMW X7 Concept) werden als realistischer Hybrid präsentiert.
Audi zeigt auf der IAA gleich zwei elektrisch-autonome Konzepte: Zum einen den relativ realitätsnahen Elaine (Premiere auf der Auto Shanghai im Mai 2017), der mit 320 kW Leistung und mehr als 500 Kilometer Reichweite dank erweiterter Assistenzfunktionen bis Tempo 130 km/h autonom fahren soll. Der Elaine ist 4,90 Meter lang und rollt auf 23-Zoll-Rädern. Wesentlich futuristischer kommt der Audi Aicon daher. Er wird seine Passagiere vollautonom befördern und laut Audi Reichweiten von 700 bis 800 Kilometer erreichen. Mit einer Länge von 5,44 Meter ist er mehr für Langstrecken gedacht, obwohl seine Allrad-Lenkung einen Wendekreis von City-tauglichen 8,50 Meter ermöglicht.
Ohne Schamröte im Gesicht verkünden einige Vorstandschefs während der Pressekonferenzen „die Zukunft fährt rein elektrisch“, um dann im selben Show-Act zu erklären, man brauche den Diesel noch viele Jahre, weil sich sonst die CO2-Ziele nicht erreichen lassen. Die Umwälzung in der Autoindustrie durch Elektrifizierung, Digitalisierung und autonomes Fahren scheint eine faktenarme „Fake-News“-Verwirrung zu stiften, die am Ende auch die Kunden verunsichert zurücklässt. Kaufzurückhaltung und Vorbehalte gegen Diesel genauso wie gegen Elektroautos könnten die Folge sein (auch wenn die Zulassungszahlen in Deutschland zurzeit noch sehr gut aussehen). Nur wer die IAA und ihre Autos ganz sachlich analysiert kann erkennen, welche Antriebsart für Ihn in den nächsten Jahren die passende ist. In vielen Fällen wird das zukünftig ein Downsizing-Benziner mit Turboaufladung sein. H.H.
Standpunkt: Zukunft ganz nah: Autonomes Fahren aus dem Zubehör-Shop. Noch präsentieren die Vorstands-Bosse der Premiumhersteller nur autonom fahrende Studien. Doch Audi zeigt schon jetzt mit dem neuen A8, wie autonomes Fahren auf Level 3 mit dem Staupiloten funktioniert – zumindest dann, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen sind. BMW kündigt ein autonom fahrendes Serienauto für 2021 an, das ist in vier Jahren. Und manche Entwickler rechnen noch früher mit teil-autonomen Lösungen, etwa nur für die Autobahn.
Doch wer nun glaubt, er müsse sich in fünf bis sechs Jahren ein neues Auto kaufen, um in den Genuss (wenn es denn ein Genuss ist) des autonomen Fahrens zu kommen, der stelle sich Folgendes vor: Zukunftsfähige Zulieferer werden etwa zur gleichen Zeit so genannte „Autonom- oder Assistenz-Köpfe“ auf den Markt bringen, mit denen junge Gebrauchtwagen nachgerüstet werden können. Solche Köpfe können beispielsweise auf dem Autodach installiert werden und dort Laserscanner, Radar, Kamera und Ultraschall platzieren. Kombiniert mit einem Rechner im Auto und der Einbeziehung aller bereits an Bord befindlichen Sensoren kann eine solche Nachrüst-Lösung die gleichen autonomen Funktionen leisten wie ein komplett neues autonomes Fahrzeug. Schließlich: Autonom heißt ja nicht automatisch Elektroantrieb. Und alles, was ein autonomes Fahrzeug an Servounterstützung benötigt, ist schließlich schon heute in vielen Autos an Bord. Das wären ein Automatikgetriebe, eine elektrische Servolenkung und eine elektronisch gesteuerte Brems- bzw. Notbrems-Funktion. Das Gedankenspiel zeigt eines deutlich: Der Fortschritt rast, und in naher Zukunft können auch aktuelle Gebrauchtwagen auf autonomes Fahren nachgerüstet werden. Denken sie nur an die schlagartige Verbreitung mobiler Navigationssysteme von zehn bis fünfzehn Jahren.
Autor: Thomas Wüsten