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Autokauf in der Corona-Krise

Der neue VW Golf als Preisbeispiel: In der offiziellen Preisliste steht der 1.5 TFSI (130 PS) als Golf Life mit 26.460 Euro. Auf mobile.de findet man das vergleichbare Modell als EU-Ausführung für knapp 16.000 Euro. Der Nürnberger Händler vermeldet sogar, dass das Angebot „sofort“ verfügbar sei. (Werksfoto)

Jetzt sind die Autohäuser geschlossen, nur der Service- und Reparaturbetrieb ist möglich. Doch wenn hoffentlich im Laufe des April – sobald die erste Welle der an Covid-19 Erkrankten „über den Berg“ ist und die Zahl der Neuinfizierten nicht mehr so explosionsartig ansteigt – die Glaspaläste wieder ihre Tore öffnen, dann heißt es für Autokäufer intelligent auszuwählen und gut zu verhandeln. In der Corona-Krise wird der Automarkt zum Käufermarkt, sprich der kaufwillige Interessent ist in einer sehr guten Verhandlungsposition, denn der Handel muss versuchen,die Verkaufsausfälle und -Rückgänge aus den Monaten Februar, März und April wieder aufzuholen.

Bereits seit Januar 2020 steht die Autobranche unter besonderem Druck. Alle Hersteller versuchen, den von der EU vorgegebenen 95-Gramm-CO2/km-Grenzwert einzuhalten. Viele Hersteller geben diesen Druck mit ausgetüftelten Margen-Systemen direkt an die Händler weiter. Durch die rund zweimonatige Corona-Verkaufspause kommt nun für die Händler ein nochmals erhöhter Volumendruck hinzu. Zwar haben viele Hersteller in der verkaufsfreien Zeit Zahlungsziele für Bestandsfahrzeuge verlängert und Verkaufsziele ausgesetzt, doch seit der PKW-Verkauf zumindest theoretisch wieder möglich ist, gilt wieder die alte Geschäftsregel: Es zählen nur Verkäufe und Zulassungen. Schließlich stehen im Handel Hunderttausende unverkaufter Neuwagen auf den Höfen. Demgegenüber wird der Corona-bedingte Nachfrage-Einbruch auch nach dem Höhepunkt der Pandemie weiter bestehen.

Die Händler und speziell ihre Verkäufer müssen das Jahr 2020 noch retten. Doch viele Kaufinteressenten bleiben noch unsicher und scheuen den Weg ins Autohaus, der möglicherweise mit einem Infektionsrisiko verbunden sein kann. Andere wiederum haben Corona-bedingte, wirtschaftliche Probleme und denken an manch anderes, aber nicht an eine Neuwagen-Anschaffung. Das macht den aktuellen Automarkt zum niedrigpreisigen Käufermarkt für diejenigen, die wissen was Sie wollen und die auch gut verhandeln können.

Den Aussagen der Verkäufer sollten Sie 2020 mit Skepsis begegnen – bei manchen „Beratern“ überwiegen eigene Interessen

Information – Als ernster Autokäufer sollten Sie schon vor dem Betreten des Showrooms wissen, was Sie wollen. Manche Verkäufer werden Ihnen womöglich zu einem reinen Elektroauto (BEV) oder einem Plug-in-Hybrid-Modell (PHEV) raten, ohne zu wissen, wie Ihr Fahrprofil aussieht. Einem Verkäufer, der nicht fragt, wie viele Kilometer Sie pro Arbeitstag fahren, was Ihre Wochenendstrecken sind und wie oft und wie lang Sie ihre Urlaubsstrecken wählen, dem sollten Sie eher skeptisch gegenübertreten. Womöglich will er nur die Modelle verkaufen, die ihm die meisten Bonuspunkte bringen.

Fragen Sie einfach: „Was ist denn mein Preis?“

Sich Zeit nehmen – Besuchen Sie mehrere Autohäuser und fragen Sie auch nach Bestands-Fahrzeugen, Vorführwagen und Tageszulassungen. Zeigen Sie ohne Scheu und Scham, dass Sie preissensibel sind. Wer für einen Neuwagen den Listenpreis bezahlt, der hat entweder zu viel Geld oder er traut sich nicht zu fragen, was „sein Preis“ ist. Nachlässe von 20 Prozent und mehr sind heutzutage normal. Bedenken Sie: Die Verkäufer stehen unter Druck, und um ihre Ziele zu erreichen, brauchen sie Sie.

Der Leasinganteil im Markt wächst – Leasing bietet Komfort und man wird nicht zum Besitzer einer Antriebstechnik, die in drei Jahren als „out“ gilt

Kaufen oder Leasen – Benziner, Diesel, E-Antrieb oder Hybrid? Es kann keine generelle Antwort geben. Jede Fahrzeugentscheidung ist eine ganz individuelle Sache. Wer in Zeiten von möglichen City-Einfahr-Verboten oder weiteren Abgas-Betrügereien auf Nummer sicher gehen will, der entscheidet sich für Leasing. So kann man nach der vereinbarten Laufzeit in drei oder vier Jahren eine ganz andere Antriebsart wählen und der mitunter schwierige und zeitfressende Verkauf des Gebrauchtwagens entfällt.

Wenn der Verkäufer bei der Vertrags-Unterzeichnung lächelt, dann haben Sie nicht hart genug verhandelt

Sicher verhandeln – Immer cool bleiben, auch wenn Sie ihr Traumangebot gefunden haben oder sogar, wenn das gesuchte Modell direkt vor Ihnen steht. Orientieren Sie sich an den niedrigsten Preisen, die auf der marktbeherrschenden Plattform mobile.de für das Modell verlangt werden. Nennen Sie dem Verkäufer „Ihren“ Preis und falls er den sofort akzeptiert, dann wissen Sie, dass der Preis zu hoch war. Sie können allerdings ihr Angebot noch korrigieren, indem Sie Zusatzleistungen wie Zum Beispiel die Überführung oder Zusatz-Ausstattung wie Winterräder oder ähnliches als selbstverständlich und im Preis eingeschlossen verlangen.

Falls der Verhandlungspartner Ihren Preis als zu niedrig einstuft, dann verlangen Sie ein Gegenangebot von ihm. Wenn Sie bei der ersten Verhandlungsrunde keinen akzeptablen Kompromiss erreichen, so verlassen Sie ruhig das Geschäft. Hinterlassen Sie ihre Telefonnummer und erklären Sie, dass Sie noch mal eine Nacht drüber schlafen müssen. In der Zwischenzeit können Sie bei weiteren Händlern Vergleichsangebote einholen. Am Ende gilt es wie immer im Leben: Wer ruhig und sachlich bleibt, sich genügend Zeit nimmt und seine Wünsche klar formuliert und auch einfordert, der erzielt das beste Ergebnis – in diesem Fall das beste Auto zum bestmöglichen Preis.

Autor: Thomas Wüsten